Frau Schellenberger, Ihr Unternehmen besteht bereits seit einigen Jahren. Wie ist es zur Gründung von europcare gekommen? Was war und ist Ihre Motivation, Fachkräfte aus dem Ausland für deutsche Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen zu rekrutieren?
Friederike Schellenberger europcare gibt es seit über 12 Jahren. Mein Mann und ich haben zuvor in einem ganz anderen Gesundheitssektor gearbeitet – im Gesundheitstourismus. Wir haben Deutschen geholfen, medizinische Dienstleistungen im Ausland zu nutzen. Wir haben dort Krankenhäuser kennengelernt, und da sind stets Pflegekräfte an uns herangetreten, die sich für eine Arbeitsstelle in Deutschland interessierten. Großartige Idee, dachten mein Mann und ich. Denn schon vor zwölf Jahren war absehbar, dass Pflegekräfte in Deutschland gebraucht würden. So haben wir mit kleinen Projekten begonnen, Pflegekräfte nach Deutschland zu holen.Sprache als Schlüssel
Wie stellen Sie sicher, dass die ausländischen Fachkräfte über die erforderlichen Qualifikationen verfügen? Was ist zudem elementar?
Friederike Schellenberger Sprache, Sprache, Sprache … Da liegt unser Fokus, weil wir wissen, dass Sprache der Schlüssel zum Erfolg ist. Schließlich sollen die Fachkräfte sowohl in der Arbeit als auch als Mensch in Deutschland ankommen – Sprache ist der große Schlüssel.
Wir haben deshalb eine Akademie gegründet. So können die Kandidaten mit Sprachlehrern bereits in ihrer Heimat mit dem Erlernen der deutschen Sprache beginnen. Dies ist ein digitales Zusatzangebot neben dem Präsenzkurs im Heimatland. Ganz intensiv wird weiter am Spracherwerb gearbeitet, sobald die Fachkraft hier in Deutschland ist.
Wir haben zudem eine App entwickelt, die die Arbeit mit den Sprachlehrern ergänzt. So bereiten wir unsere Kandidaten zielgerichtet auf die Sprachprüfung in ihrem Heimatland vor.
Zu den fachlichen Qualifikationen: ein Abschluss muss vorhanden sein. Dieser muss in Deutschland dann noch anerkannt werden. Wir achten besonders auf die Berufserfahrung der Kandidaten. Was haben sie bisher gemacht? Haben sie in einem Krankenhaus gearbeitet oder in einem Altenheim? In welchen Bereichen wurden sie schwerpunktmäßig eingesetzt? Wir möchten die passenden Stellen für unsere Kandidaten finden und auch berücksichtigen, was diese gern möchten.
Was sind die Herausforderungen, die bei der Integration ausländischer Pflegekräfte in das deutsche Gesundheitssystem auftreten? Wie unterstützt europcare die Fachkräfte bei der Bewältigung?
Friederike Schellenberger Es gibt Herausforderungen in verschiedenen Bereichen: fachlich, kulturell, sprachlich und letztendlich sozial.
Fachlich ist es so, dass das Pflegebild in Deutschland ein völlig anderes ist als in den meisten anderen Ländern dieser Welt. Darauf bereiten wir die Kandidaten bereits vor, während sie noch in ihrem Heimatland sind.
Wir haben einen umfangreichen Integrationsleitfaden für das Integrationsmanagement erstellt, den wir den Arbeitgebern zur Verfügung stellen. Dieser behandelt auch die interkulturellen Probleme und gibt Hilfestellungen bei den ganz normalen formalen Geschichten wie z.B. Behördengängen, die in Deutschland anfallen. Hinzu kommt unsere Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache.
Strukturierte Partnerschaft: Die Zusammenarbeit mit deutschen Einrichtungen
Wie gestaltet sich in der Praxis die Zusammenarbeit mit den deutschen Krankenhäusern, Kliniken und Pflegeeinrichtungen bei der Rekrutierung und Integration der ausländischen Pflegekräfte?
Friederike Schellenberger Wir arbeiten mit Menschen für Menschen. Wir haben einen sehr strukturierten Prozess. Nichtsdestotrotz muss man immer individuell auf die einzelnen Situationen eingehen.
Es ist uns wichtig, vom Kunden zunächst zu erfahren, was für einen Bedarf er hat und welche Rahmenbedingungen er bietet. Liegt die Einrichtung im ländlichen oder städtischen Raum? Auf welchen Stationen benötigt er Personal? Nach einer Projektbesprechung wissen wir dann, ob wir den Erwartungen des Kunden auch wirklich entsprechen können.
Dem Kunden muss auch klar sein, dass es eines Prozesses bedarf, bevor die rekrutierten Pflegekräfte als vollwertige Fachkräfte auf den einzelnen Stationen eingesetzt werden können, selbst dann, wenn sie bereits über jahrelange Erfahrungen in einzelnen Fachbereichen verfügen. Bei diesem Prozess leisten wir dann Hilfestellungen.
In welchen Ländern sind Sie besonders aktiv? Für welche Fachbereiche werden Sie vor allem angefragt?
Friederike Schellenberger Viele Pflegekräfte rekrutieren wir in Indien. Wir haben tunesische Kräfte, malaysische Kräfte und haben über die Jahre sehr viele Fachkräfte aus dem Iran nach Deutschland geholt – das ist zurzeit politisch absolut schwierig. Die iranischen Pflegekräfte sind fachlich super und kamen in den Kliniken sehr gut an. Gestartet sind wir nun mit Kenia und weiten das Ganze auch auf Südamerika aus.
Wir schauen uns sehr genau an, wer besser in der Altenpflege, wer besser in Krankenhäusern arbeiten kann.
Qualifizierte Auswahl: Kriterien und Prozesse bei der Kandidatenauswahl
Wie sieht Ihr Auswahlprozess für potenzielle Kandidaten aus und welche Kriterien werden dabei berücksichtigt?
Friederike Schellenberger Es gibt formale Voraussetzungen. Unsere Kandidaten müssen eine Pflegeausbildung in ihrem Heimatland abgeschlossen haben. Dann schauen wir uns genau die Berufserfahrung sowie das Sozialprofil an. Wir fragen uns: Passt das, dass die Fachkräfte hier in Deutschland auch als Menschen glücklich werden? Viele möchten auch ihre Familien nach Deutschland nachholen – ein wichtiger Punkt!
Schließlich stellt sich im Sprachkurs, den die Pflegekräfte absolvieren, heraus: schaffen sie das überhaupt? Lernen sie die deutsche Sprache so, dass sie auch in ihrem Beruf arbeiten können?
Welche Unterstützung bietet europcare den ausländischen Fachkräften während des gesamten Integrationsprozesses?
Friederike Schellenberger Wir führen sie durch das Anerkennungsverfahren. Wir kümmern uns um Übersetzungen, die Botschaftstermine, Visa-Verfahren, die Arbeitsgenehmigungen. Wir organisieren den Sprachkurs, bereits im Heimatland und hier in Deutschland. Unsere eigene Akademie übernimmt – wenn vom Kunden gewünscht – auch die Nachqualifizierung in Deutschland. Unser Ziel ist es, dass die Pflegekräfte in einen zügigen Prozess zu ihrer Anerkennungsurkunde kommen. Wir sind während des gesamten Prozesses stetiger Ansprechpartner.
Erhält jede Pflegekraft einen persönlichen Ansprechpartner aus Ihrem Team?
Friederike Schellenberger Ja! Bei „unseren“ Pflegekräften, die nach Deutschland kommen, spreche ich immer von „unseren Mutigen“ – denn sie kommen in ein fremdes Land mit fremder Kultur. Und hier brauchen sie jemanden, der ihr Ansprechpartner und in allen Fragen für sie da ist, eine Person, die ihnen das Gefühl und die Sicherheit gibt, hier in Deutschland nicht allein zu sein.
Welche Pläne hat europcare für die Zukunft, um die Rekrutierung und Integration von ausländischen Fachkräften weiter zu verbessern?
Friederike Schellenberger Ein ganz wichtiger Meilenstein für uns ist die App, mit der unsere Kandidaten bereits in ihrem Heimatland deutsche Sprachkenntnisse erlangen und sowohl fachlich wie auch kulturell vorbereitet werden. Zurzeit arbeiten wir daneben sehr stark an der Verbesserung der Qualifizierung der ausländischen Pflegekräfte in Deutschland. Darauf konzentrieren wir uns, um die Integration und Nachhaltigkeit langfristig sicherzustellen.
Vielen Dank für das Interview, Frau Schellenberger.
Über Friederike Schellenberger
Sie ist Geschäftsführerin der europcare GmbH aus Kirchheim bei München. Mit ihrem Unternehmen rekrutiert sie für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen Pflegekräfte aus dem Ausland.