Ghosting – wenn sich Bewerber in Luft auflösen

Was im Bewerbungsprozess schief läuft, was man daraus lernen sollte und was Sie in Zukunft tun müssen

Sie strahlen über das ganze Gesicht und sind zufrieden. Soeben kommen Sie aus einem Vorstellungsgespräch mit einer Pflegefachkraft, die sich bei Ihrem Krankenhaus beworben hat. Die Qualifikation des Bewerbers stimmt, das Gespräch lief bestens und der Arbeitsvertrag kann in Kürze unterschrieben werden. Auf dem Weg zurück an Ihren Schreibtisch machen Sie kurz Halt auf Station 4 und informieren Sie die dortige Stationsleitung über die in wenigen Wochen eintreffende tatkräftige Unterstützung.

Und dann das: Der neue Mitarbeiter erscheint am ersten Arbeitstag nicht und ist auch nicht mehr zu erreichen. Jeder Anruf, jede Mail läuft ins Leere. Ghosting nennt sich dieser Trend, der Personalverantwortliche in deutschen Krankenhäusern zunehmend in Atem hält.

Dieses Phänomen hat vor allem in den letzten Jahren stark zugenommen – ausgehend von der Gastronomie und dem Handwerk ist Ghosting längst auch in der Pflegebranche zu beobachten. Nahezu jedes Krankenhaus hat es mittlerweile erlebt, dass Bewerber trotz Vereinbarung das Vorstellungsgespräch schwänzen, am ersten Arbeitstag nicht erscheinen oder aber bereits nach wenigen Arbeitstagen – ohne zu kündigen – den Kontakt zum Arbeitgeber abbrechen.

Was sind die Gründe für Ghosting im Job?

Die Zahl der Bewerber, die sich urplötzlich aus dem Bewerbungsprozess verabschieden, hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre verdoppelt. Aber was sind die Gründe, wenn Bewerber oder Mitarbeiter plötzlich nicht mehr erreichbar sind und wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheinen?

  • Bewerber können sich in Zeiten des Fachkräftemangels aussuchen, wo sie arbeiten möchten.
  • Die Bewerber stellen im Laufe des Bewerbungsprozesses fest, dass das Unternehmen doch nicht zu ihnen passt oder Benefits und Gehalt nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Es ist ihnen aber unangenehm, abzusagen. Also wählen sie den „einfachen“ Weg und ignorieren fortan E-Mails und Anrufe.
  • Gerade junge Bewerber verhalten sich bei der Jobsuche wie beim Dating: Wenn sie ein besseres Angebot finden oder doch kein Interesse haben, tauchen sie ab.
  • Manche Jobsuchende unterschreiben sicherheitshalber einen Arbeitsvertrag beim Unternehmen der zweiten Wahl. Insgeheim aber hoffen sie auf den ersehnten Job beim Wunscharbeitgeber. Klappt es mit dem Wunscharbeitsplatz, ist der Zweite-Wahl-Arbeitsvertrag für sie hinfällig.
  • Andere Bewerber haben selbst Ghosting erfahren. Nachdem sie sich bei einem Unternehmen auf eine Stelle beworben haben, haben sie nichts mehr von der Gegenseite gehört. Deshalb empfinden sie es als normal, sich nicht mehr zu melden.

So schützen sich Kliniken vor Ghosting

Lassen Sie es gar nicht so weit kommen, dass sich Bewerber urplötzlich in Luft auflösen. Wenn Sie folgende Punkte beherzigen, minimieren Sie signifikant die Wahrscheinlichkeit, von Ghosting betroffen zu werden.

1. Schnelligkeit ist die Hauptsache – straffen Sie Ihren Bewerbungsprozess

Wenn Sie eine Bewerbung erhalten, ist es wichtig, dem Bewerbenden schnell, möglichst innerhalb von 24 Stunden, Rückmeldung zu geben. Bewerber, die zu lange darauf warten müssen, springen in der Regel ab.

Verkürzen Sie Ihren Einstellungsprozess – ist dieser zu lang, werden Sie mit der Zeit mehr und mehr Bewerber verlieren – und laden Sie interessante Personen zeitnah zum Vorstellungstermin ein. Ihre Schnelligkeit werden die Bewerbenden zu schätzen wissen.

2. Kommunizieren Sie offen

Behandeln Sie alle Bewerber respektvoll und fair und geben Sie jedem eine Rückmeldung, nicht nur Ihren Favoriten. Es spricht sich herum, wie ein potenzieller Arbeitgeber Bewerber und Angestellte behandelt. Auf einschlägigen Bewertungsplattformen können heutzutage nicht nur Angestellte ein Unternehmen bewerten, sondern auch Bewerber

3. Gewinnen Sie herausragende Bewerber mit einem attraktiven Angebot

Wenn Sie einen Kandidaten unbedingt haben wollen, sollte er Ihnen auch etwas wert sein. Gehen Sie auf die Bedürfnisse des Bewerbers und seine Ziele ein. Erfragen Sie nicht nur, was der Bewerber zu bieten hat, sondern machen Sie auch die Benefits Ihres Krankenhauses deutlich und unterbreiten Sie dem Bewerber ein attraktives Angebot.

4. Nutzen Sie neue Kommunikationskanäle

Der potenzielle Mitarbeiter meldet sich nicht mehr? Setzen Sie nicht nur auf klassische Kommunikationswege wie Anrufe oder E-Mails. Gerade junge Bewerbende lesen ihre E-Mails nicht regelmäßig oder gehen nicht ans Telefon, wenn sie die angezeigte Nummer nicht kennen. Probieren Sie es doch einmal per SMS oder über WhatsApp – einen Text auf dem Smartphone lesen junge Leute eher.

5. Persönliche, individuelle Texte versenden

Wollen Sie einen interessanten Jobsuchenden für Ihr Unternehmen gewinnen, schreiben Sie ihm einen personalisierten Text statt einer Standard-E-Mail: Betonen Sie, was Ihnen beim Vorstellungsgespräch gefallen hat, was Sie am Bewerber besonders schätzen und warum er so gut zum Krankenhaus passen würde. Formulieren Sie konkrete nächste Schritte, wie beispielsweise einen Termin zur Besprechung des Job-Angebots, um Ihr ernsthaftes Interesse zum Ausdruck zu bringen.

6. Arbeitsvertrag unterschrieben – halten Sie in kurzen Abständen den Kontakt

Auch wenn Ihr Wunschkandidat den Arbeitsvertrag unterschrieben hat – vor Ghosting sollten Sie sich erst sicher fühlen, wenn die Probezeit vorbei ist. Halten Sie daher unbedingt nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags bis zum Arbeitsbeginn den Kontakt – das hat auch viel mit persönlicher Wertschätzung zu tun. Ihre zukünftigen Mitarbeiter werden es Ihnen danken.

Jörg Mielczarek
Chefredakteur

Mit dem Pflegemarkt Report verfolgen ich und mein Team das Ziel, den Pflegenotstand in Deutschland sichtbar zu machen. Aktuelles, Erfahrungsberichte und Trends sollen Entscheidern dabei helfen, ihre Personalgewinnung zu stärken.

Darüber hinaus schlägt mein Herz für die Literatur der Weimarer Republik und meinen Heimatverein Rot-Weiß Ahlen.

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