Warum kein Verlass auf den Verbund ist

Fast jedes zweite Krankenhaus in Deutschland ist Teil eines Verbunds. Dies gilt vor allem für Kliniken, die sich in privater Trägerschaft befinden (86 %). Ist der Träger freigemeinnützig, beträgt der Anteil mittlerweile 53 %, bei öffentlichen Trägern sind es auch bereits 32 %.

Die Gründe hierfür sind fast ausschließlich finanzieller Art. Die wirtschaftliche Situation vieler Krankenhäuser ist desaströs, sie arbeiten seit Jahren defizitär. Und die Lage spitzt sich, befeuert durch eine hohe Inflation, weiter zu – etliche Kliniken sind von der Schließung bedroht. Da verspricht ein Verbund Hoffnung auf Verbesserung der wirtschaftlichen Lage durch Kosteneinsparungen.

Aber damit macht man sich natürlich auch von einem Partner abhängig. Der hat eigene Interessen und ausschließlich die Gesamtsituation im Blick, ohne die lokalen Gegebenheiten zu betrachten.

Der Verbund macht die Politik – die Entscheidungskompetenzen liegen in seiner Hand. Das geht auch aus einer Studie des Deutschen Krankenhaus Instituts hervor, an der sich knapp über 250 Verbundkrankenhäuser beteiligt haben. In 91 % der Fälle hat der Verbund die Einsetzung der Geschäftsführung „sehr oder ziemlich“ beeinflusst.

Auch bei der Investitions- und bei der Wirtschaftsplanung (81 und 77 %) sind die meisten Krankenhäuser an die Entscheidungen des Verbunds gebunden. Etwas geringer fällt mit 60 % der Anteil der Krankenhäuser aus, die bei der Leistungsplanung Anweisungen des Verbunds erfüllen.

Und beim Recruiting?

Obwohl Hilfe vom Verbund bei der Personalgewinnung dringend benötigt wird, warten die Krankenhäuser weiterhin vergebens auf effektive Maßnahmen.

Aktiv sind die Verbünde schon – so gehen sie Immer mehr dazu über, die Stellenanzeigen Ihrer Krankenhäuser in einem Karriereportal zusammenzufassen. Häufig führt das dazu, dass sich jobsuchende Pflegekräfte, die sich auf der Internetseite eines einem Verbund angeschlossenen Krankenhauses über die Stellenangebote informieren möchten, auf ein zentrales Jobportal geführt werden.

Da ist es für den Jobsuchenden gar nicht so leicht, schnell den Überblick zu finden bei Hunderten von Stellenangeboten aus unzähligen Regionen. Und schließlich ist auch noch die Frage zu klären, ob man Vollzeit oder in Teilzeit arbeiten möchte. Um bis zu seiner Wunschstelle zu kommen, muss man sich durch das ein und andere Drop-down-Menü arbeiten.

Wer aber macht das schon in Mobile First-Zeiten, in denen vor allem Usability und Schnelligkeit zählen?

Vor allen Dingen bei der Gewinnung von Pflegepersonal können zentrale Karriereportale daher ein Nachteil sein.

Hinzu kommt, dass man mit diesen Portalen lediglich aktiv Suchende mit seinen Stellenangeboten anspricht – das sind gerade einmal 15 % der Zielgruppe. Wer passive Bewerber nicht im Blick hat, der wird in Zeiten des Fachkräftemangels sein Personalproblem nicht in den Griff bekommen.

In den Marketingabteilungen der Verbünde wird häufig die Bedeutung des Employer Branding für das Recruiting betont. Es ist sicher im Wettbewerb um ausgebildetes Personal vorteilhaft, wenn man sich als starker und attraktiver Arbeitgeber präsentieren kann. Doch erst, wenn man auch immer die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt, wird man erfolgreich neue Pflegekräfte von sich überzeugen.

Schließlich möchten Bewerber nicht nur fundierte Informationen zur angestrebten Tätigkeit erhalten, sondern von Anfang an einen unverfälschten Blick auf ihren zukünftigen Arbeitsplatz und zukünftige Kollegen und Kolleginnen werfen.

Dazu braucht es authentischen Content. Den produziert man am besten vor Ort. Und präsentiert ihn auf der eigenen Karriereseite.

In Zeiten des Personalnotstands verlässt man sich daher besser nicht auf seinen Verbund. Krankenhäuser und Kliniken müssen das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen. Nur wenn sie sich eigeninitiativ um ein gezieltes Recruiting bemühen, können sie ihr Personal entlasten und die Patientenversorgung sicherstellen.

Fazit: Ist Verlass auf den Verbund?

Verbundkrankenhäuser haben ihre Berechtigung, zweifelsfrei. Sie helfen, Strukturen zu straffen und Kosten zu sparen. Im Recruiting allerdings gilt: Nicht gemeinsam, nur alleine ist man stark!

Jörg Mielczarek
Chefredakteur

Mit dem Pflegemarkt Report verfolgen ich und mein Team das Ziel, den Pflegenotstand in Deutschland sichtbar zu machen. Aktuelles, Erfahrungsberichte und Trends sollen Entscheidern dabei helfen, ihre Personalgewinnung zu stärken.

Darüber hinaus schlägt mein Herz für die Literatur der Weimarer Republik und meinen Heimatverein Rot-Weiß Ahlen.

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