Wann sind Pflegekräfte bereit für einen Jobwechsel?
Analysiert man die Nachfrage potenzieller Bewerber nach einem neuen oder attraktiveren Arbeitsplatz übers Jahr hinweg, erkennt man ein wiederkehrendes Muster: es gibt stets ein starkes Frühjahr und einen starken Herbst, dazwischen deutliche Einbrüche, klassischerweise im Sommer zur (Jahres-) Urlaubszeit – das oft so bezeichnete „Sommerloch“ – und im Winter zwischen Weihnachten und Neujahr. Grundsätzlich verhält sich das branchenübergreifend bei den meisten Berufsgruppen so oder zumindest sehr ähnlich.
Am Pflegemarkt geht es saisonal ein wenig anders zu, denn die individuellen Faktoren im Krankenhausjahr verlagern die Interessenssituationen anders als in vielen anderen Branchen. Hier herrscht in Herbst und Winter – der typischen Erkältungssaison – Hochkonjunktur, nicht nur in Pandemiezeiten steigt die Auslastung dann rasant an. Das sorgt allerdings auch für erhöhten Krankenstand im eigenen Personal, wodurch der Stress für die verbleibenden Kollegen abrupt ansteigt. Wer die arbeitsreiche Herbst- und Winterphase übersteht, ohne das Handtuch zu werfen – und genau das erklärt die erhöhte Wechselbereitschaft im Herbst –, ist dann schon im Frühjahr urlaubsreif, zieht den Jahresurlaub auf Mai und Juni vor und trägt damit zum früheren „Sommerloch“ bei.
Eine Eigenheit des Pflegemarktes ist die nur sanft steigende Kurve zum Jahresbeginn. Viele Krankenhäuser und caritative Einrichtungen haben Regelungen zur Rückerstattung von Boni, wenn man kurz danach aus dem Unternehmen ausscheidet. Solche Prämien werden meist zum Jahresende ausgezahlt, sodass Pflegekräfte nach dem Jahreswechsel oft diese Fristen abwarten, bevor sie den Arbeitgeber wechseln. In der Folge ist die Wechselbereitschaft in dieser Zeit eher gedämpft – ein früher Wechsel kostet bares Geld, trotz all dem Stress ein gewichtiges Argument.
Zum Ende der Sommerferien starten viele Krankenhäuser mit neuen Auszubildenden in die zweite Jahreshälfte. Das bringt zwar personelle Verstärkung, schafft aber auch mehr Abstimmungsaufwand in der Einarbeitung – eine Herausforderung für Gruppendynamik und Team-Spirit mit hohem Stress- und Konfliktpotenzial! Erwartungsgemäß wechseln Pflegekräfte dann vermehrt zum Herbst hin in der Hoffnung, sich vor der schweren Phase zum Winter hin zumindest noch bessere Konditionen und Arbeitsbedingungen zu sichern.
Jörg Mielczarek
Chefredakteur
Mit dem Pflegemarkt Report verfolgen ich und mein Team das Ziel, den Pflegenotstand in Deutschland sichtbar zu machen. Aktuelles, Erfahrungsberichte und Trends sollen Entscheidern dabei helfen, ihre Personalgewinnung zu stärken.
Darüber hinaus schlägt mein Herz für die Literatur der Weimarer Republik und meinen Heimatverein Rot-Weiß Ahlen.
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